Wassermühlen gab es schon lange, bevor die Windmühlen die Landschaft prägten. Seit mehr als tausend Jahren bilden sie eine harmonische Einheit mit ihrer Umgebung. Die von Wasser getriebenen Mühlen treten in der Landschaft nicht so auffällig und dominierend hervor wie Windmühlen. Oft verrät nur der Name einer Straße, dass dort einmal eine Mühle stand oder noch steht.
Im Jahre 1875 gab es in Deutschland fast 60.000 Wassermühlen. Viele sind – wie die Windmühlen – im 20. Jahrhundert verschwunden. Einige wenige sind erhalten geblieben, oft sehr liebevoll restauriert, heute noch funktionsfähig und voller Geschichten.
Der Mensch nutzt schon seit 3.000 Jahren Wasserräder. Das Wasserrad ist die erste Maschine, die weder durch Menschen- noch durch Tierkraft angetrieben wird; der Energielieferant ist das Wasser. Die frühesten Wasserräder befanden sich in Persien und China, angetrieben durch das fließende Wasser anliegender Flüsse. Auf einem großen Rad waren Krüge befestigt, welche das Wasser für die Bewässerung des Landes effizient nutzbar machte. Es war der erste automatisierte Nutzungsprozess des Wassers.
Schon früh diente das Wasserrad dem Mahlen von Getreide. Die Wassermühle optimierte die Qualität des Mehles in besonderem Maße: feiner und sauberer als beim Mahlen mit der Hand (Stein auf Stein) und auch ebenso fortschrittlicher als beim Mahlen mit Handmühlen, welche anfangs ohne Zahnräder, später mit Zahnrädern angetrieben wurden. Die ersten Wassermühlen bestanden oft nur aus einem Wasserrad und einer Scheune.
In der Antike nutzten die Griechen horizontale, die Römer etwas später dagegen bereits aufrechte Wasserräder. Bei Ausgrabungen in der Schweiz ist ein römisches Wasserrad belegt, das aus Brettern gebaut war, die als Speichen an der Achse befestigt wurden. Oberhalb der Achse hielten kleine Schotten die Bretter zusammen. Die Zahnwelle wurde durch Zapfen angetrieben, der Mühlstein war kleiner und meist konisch geformt.
Früher gab es kaum strenge Auflagen für Wasserrechte zum Betrieb einer Mühle, später erhoben herrschende Mitspracherechte. Oft musste man sein Korn zu einer bestimmten Mühle bringen, um es mahlen zu lassen – der sogenannte Mahlzwang.
Mit der Zeit nahmen die Herrschenden sich immer mehr Rechte an: Wasserrecht, Jagd, Holzfällerei und vieles mehr. Bereits im 12. Jahrhundert beschreibt der „Sachsenspiegel“, das mitteldeutsch/altdeutsche Gesetzbuch, Vorschriften rund um das Mühlenwesen. Darin finden sich auch Zeichnungen und Gedichte dazu.
Die Fürsten twingent mit gewalt
velt, stein, wazzer und walt,
darzuo beide wilt und zam;
sie taeten luft gerne alsam
der muoz uns doch gemeine sin
möhten si uns den sunnen schȋn
verbieten, auch wint und regen
man müest in zins mit golde Wegen.
Kurz gesagt: Die Kirchen und Klöster brauchten ihr Einkommen. Aus diesem Grunde wurden Wasser- und Windmühlen zu einer wichtigen Einnahmequelle. Das Wasserrecht war nun fester Bestandteil im Leben der Mühlenbesitzer. An die eigens gelebte Freiheit war ab dieser Einführung nicht mehr zu denken. Unter anderem dokumentieren dies kirchliche Zeichnungen und Darstellungen; Techniken der Wassermühlen, wie deren Räder, Schmieden, Wetzsteine, Schmiedeöfen und später auch Sägereien, die von Wasserkraft antrieben wurden.
Eine der bekanntesten Wassermühlen ist die Wassermühle von Singraven in den Niederlanden. Dort betrieben drei Wasserrädern eine Getreidemühle, eine Ölmühle und eine Sägerei. Sie ist heute das einzige wasserbetriebene Holzsägewerk der Niederlande. Die Getreidemühle und das Holzsägewerk arbeiten dort noch immer, wie in alten Tagen.
Viele Künstler und bekannte Maler ehrten die Wassermühlen auf eindrucksvolle Weise. Bekannte Maler, wie Vincent van Gogh, brachten die Romantik der Wassermühlen in ihrer detailreichen Darstellung zu Papier. Auch in Gedichten und Liedern fand die Faszination ihren Ausdruck. Joseph Freiherr von Eichendorff schrieb sein bekanntestes deutsches Lied „In einem kühlen Grunde“ über eine Mühle. Die Wassermühle in Bresnitz in Oberschlesien war eine wichtige Inspirationsquelle; das Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“ (auch bekannt als „In einem kühlen Grunde“) erzählt von der unglücklichen Liebe zu der Müllerstochter.
In einem kühlen Grunde
In einem kühlen Grunde,
Da geht ein Mühlenrad,
Mein Liebchen ist verschwunden,
Das dort gewohnet hat.
Sie hat mir Treu′ versprochen,
Gab mir ein′ Ring dabei,
Sie hat die Treu′ gebrochen,
Das Ringlein sprang entzwei.
Ich möcht′ als Spielmann reisen
Wohl in die Welt hinaus
Und singen meine Weisen
Und geh′ von Haus zu Haus.
Ich möcht als Reiter fliegen
Wohl in die blutge Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht.
Hör′ ich das Mühlrad gehen,
Ich weiß nicht, was ich will;
Ich möcht′ am liebsten sterben,
Da wär′s auf einmal still.
Joseph von Eichendorff
(* 1788-03-10, † 1857-11-26)
Auch der deutsche Maler und Zeichner, Ludwig Richter, einer der Akteure der Spätromantik und des Biedermeiers, schuf romantische Darstellungen rund um die Wassermühlen. Wilhelm Busch griff die Motive der Wassermühlen in seinen humorvollen und satirischen Bildergeschichten in Versform auf. In „Die Kühne Müllerstochter“ veranschaulicht er, wie drei Ganoven der Müllerstochter Unheil bringen wollen und am Ende von ihr selbst „ausgebremst“ werden. Busch baut typische Mühlenelemente, wie Mühlstein, Welle des Wasserrades und Truhe in seine Geschichte ein.
Es heult der Sturm, die Nacht ist graus,
Die Lampe schimmert im Müllerhaus.
Da schleichen drei Räuber wild und stumm –
Husch, husch, pist, pist! Ums Haus herum.
Wer weiter in die technischen Seiten einer Wassermühle eintauchen möchte, dem empfehlen wir Werke, wie das Buch „Mühlen und Wasserwerke aus dem 17. Jhd.“. Es beschreibt den damaligen Stand der Mühlentechnik mit vielen detaillierten Darstellungen zum Hammerwerk, Kehrrad und zur Kornmühle selbst.
Gern kannst Du diese Reise durch Geschichte, Technik und Poesie weiterführen- die Welt der Wassermühlen ist voller Wärme, Geduld und leiser Kraft.
Will ich sehen, wo Mühlen stehen im Land,
nehme ich die General-Karte zur Hand.
Bin ich endlich vor Ort …
Ist keine Mühle mehr dort?
Einwohner sagen, dass sie vor Jahren ist verschwunden.
Wir möchten unsere Mühle vor diesem Schicksal bewahren und sie erhalten und althergebracht restaurieren. Mit Leidenschaft und Hingabe werden wir die „Alte Dame“ wieder in ihrem eigenen Glanze erstrahlen lassen und damit ihre Geschichte und ihr Antlitz für die folgenden Generationen wahren.